Evangelische Schule Talitha Kumi

„Talitha kumi – Mädchen steh auf!“ – Dieser Spruch ist Name und Programm der Schule Talitha Kumi. Sie wurde vor 150 Jahren als Kinderheim für arabische Mädchen gegründet und ist heute ein großes Bildungszentrum am Ortsrand von Beit Jala (Palästina). Träger ist seit 1975 das Berliner Missionswerk, das auch für 80 Prozent des Haushaltes von Talitha Kumi aufkommt.

Vom Kindergarten bis zum Abitur und darüber hinaus in einer Hotelfachschule bietet die Schule Talitha Kumi jungen Menschen eine Perspektive für die Zukunft, sei es in einem akademischen Beruf oder in einer Berufsausbildung.
„Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ bedeutet in Talitha Kumi Friedens und Umwelterziehung, die Vermittlung von Toleranz und Respekt unter den Angehörigen der verschiedenen Konfessionen und Religionen und die Förderung von Mädchen und Jungen zu selbstbewussten, selbstbestimmten Persönlichkeiten.
Die Schule gehört dem weltweiten UNESCO-Schulverband an und wird von der Bundesregierung durch die Entsendung des Schulleiters und Lehrkräften für den Deutschunterricht unterstützt. 850 christliche und muslimische Schüler und Schülerinnen besuchen die Schule.
Die Lage Talitha Kumis auf einem Berg bei Beit Jala, direkt an der Grenze zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten, stellt bis zum heutigen Tag für die Schule eine Herausforderung dar, Mittler zu sein: zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen den Angehörigen der monotheistischen Religionen im Heiligen Land, zwischen Israelis und Palästinensern.

Schülerbericht zum Schüleraustausch nach Palästina

In der Zeit vom 04.03.18 bis 10.03.18 hatten wir, 11 Schülerinnen und Schüler aus den 10. und 11. Klassen des Gymnasiums Philanthropinum Dessau die Möglichkeit, unsere Partnerschule Talitha Kumi in Beit Jala, einer Nachbarstadt Bethlehems, zu besuchen. Begleitet wurden wir von unseren Lehrerinnen Frau Dohmann und Frau Podlacha sowie der Mutter eines teilnehmenden Schülers. Mit dem Flugzeug reisten wir von Berlin über den Tel Aviver Flughafen Ben Gurion nach Israel ein und fuhren dann mit dem Bus weiter über Jerusalem in die palästinensischen Gebiete / Westbank.

Am Tag der Anreise hieß es früh aufstehen, da wir schon um 5.00 Uhr am Flughafen Schönefeld sein mussten. Nach anderthalbstündiger Autofahrt nach Berlin, diversen Sicherheitschecks am Flughafen und einem vierstündigen, angenehmen Flug landeten wir in Tel Aviv. Dort mussten wir wegen der zahlreichen weiteren Fluggäste anderer Fluggesellschaften noch eine Stunde am Schalter warten, bis jeder von uns sein Visum bekam. Anschließend ging es mit einem Reisebus über Jerusalem über einen Checkpoint nach Beit Jala zur Schule, wo die Gastfamilien auf uns warteten. Vier Schüler, die keine Gastfamilie hatten, wurden im Scout House Talitha Kumis untergebracht, welches auf dem weitläufigen Schulgelände und nicht weit vom Schulgebäude steht.

Am ersten Morgen nach unserer Anreise nahmen wir am Schulgottesdienst teil. Darauf konnten wir einmal in den Unterricht der palästinensischen Schüler hineinblicken und anschauen, wie so der Unterricht an dieser Schule abläuft. Überdies durften wir beim Pflanzen von Obstbäumen im Umweltgarten der Schule helfen. Am Nachmittag führte uns Faten, eine christliche Palästinenserin, die in Deutschland aufgewachsen war, durch Bethlehem und dessen Nachbarstadt Beit Sahour. Sie machte uns mit der Problematik der Mauer bekannt, welche die Israelis mitten durch Palästinensergebiet gebaut hatten und so die Palästinenser von ihrem eigenen Besitz, vor allem Obstgärten und Olivenhainen trennt. Auch zeigte sie uns einen Platz an der Mauer, der für den Besuch des Papstes hergerichtet, aber dann wegen seiner bedrückenden Aussicht nicht genutzt worden war. Auch besuchten wir das direkt an der Bethlehemer Mauer gelegene Hotel mit der schlechtesten Aussicht der Welt des Künstlers Banksy. Die hier vermittelten Eindrücke über die israelische Besatzung waren bedrückend. Nach einem besinnlichen Aufenthalt auf den Hirtenfeldern in Beit Sahour besichtigten wir die frisch renovierte Geburtskirche Jesu in Bethlehem. Zum Abschluss des Tages lud uns Faten zu einem palästinensischen Abendessen ein, bei dem wir noch mehr über ihr Leben und das ihrer Landsleute erfuhren.

Im Unterricht.

Bäume pflanzen

Judäische Wüste.

Hishams Palace

Nach diesen zwei eher ruhigen Tagen begann unser Programm anstrengender zu werden. Unter der Leitung von Fatens Sohn Kamal, ehemaliger Schüler Talitha Kumis, wanderten wir in der Judäischen Wüste über das griechisch-orthodoxe St. Georgskloster durch das Wadi Qelt, ein ausgetrocknetes Flussbett, nach Jericho. Fünf Kilometer nördlich von Jericho besichtigten wir die in Ruinen erhaltene umayyadische Palastanlage Hisham´s Palace aus dem 8. Jh., bevor es zum Baden ans Tote Meer ging.

Der folgende Tag galt Ramallah, der Hauptstadt der Westbank. Hier wurden wir durch das Goetheinstitut geführt, wo uns Frau Scheller von der Kulturabteilung der deutschen Vertretung zum Gespräch bereitstand. Entspannung bot uns und unseren palästinensischen Freunden die Xbox, wo wir nach einem am Goetheinstitut entwickelten Programm tanzen konnten. Beim Besuch von Jassir Arafats Grab wurde es wieder ernst. Zum Abschluss besichtigten wir die Gärten des neu erbauten palästinensischen Nationalmuseums in Birzeit nördlich von Ramallah.

Donnerstagvormittag lernten wir in Jerusalem die Holocaustgedenkstätte Jad Vashem und dessen Museum kennen. Dort fanden wir im Tal der verschwundenen Gemeinden neben dem der Dessauer auch die Namen anderer ehemaliger Anhalter jüdischer Gemeinden. Am Nachmittag betraten wir durch das Damaskus-Tor den Basar in der Jerusalemer Altstadt. In die Ritzen der Klagemauer steckten wir kleine Zettel mit unseren Wünschen. Einen besonderen Eindruck vermittelte die Grabeskirche Jesu, die von Christen aus aller Welt besucht wird.

An unserem letzten richtigen Aufenthaltstag unternahmen wir mit Faten eine längere Wanderung in der im März wunderschönen grünen Umgebung unserer Partnerschule, bevor wir das Friedensprojekt „Tent of Nations“ neun Kilometer südwestlich von Betlehem besuchten. Dessen Gründer und Leiter Daoud Nassar, evangelisch-lutherischer Palästinenser, betreibt mit seiner Familie das christlich motivierte Projekt auf eigenem Landbesitz, umgeben von israelischen Siedlern. Am Abend feierten wir als Abschluss unseres Aufenthalts eine Grillparty.

Leider konnten unsere Austauschschüler nicht an allen Ausflügen mit teilnehmen, was sehr schade war. Dennoch trafen wir uns fast täglich jeden Abend mit ihnen in Restaurants, Bars oder im Scout House und erzählten, tauschten uns aus und spielten viele lustige Spiele wie zum Beispiel „Bullshit“.

Faten Mukarker

Yad Vashem Tal der Gemeinden

Arafats Grab

Durch diese eine Woche haben wir viele gute Bekanntschaften geknüpft, die auch noch bis heute anhalten. Den Kontakt zu den Austauschschülern halten wir durch Skype-Konferenzen und eine Snapchat-Gruppe. Den nächsten Besuch der Palästinenser haben wir bereits jetzt schon im Hinterkopf und freuen uns auf die nächste Ankunft unserer Freunde hier bei uns.

Diese Austauschfahrt ermöglicht hat uns das Landesschulamt in Halle durch seine sehr großzügige finanzielle Förderung, dem an dieser Stelle besonders gedankt sei.

Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei Herrn Yousef Tushyeh, Lehrer an der Talitha Kumi Schule, der auch diesem Austausch mit Rat und Tat zur Seite stand.

Basar

Auf dem Hoteldach