Unsere Schulgeschichte ist vor allem eng mit einem Namen verbunden:

 Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt - Dessau
174010. August, Geburt des Prinzen als erstes Kind des Fürst Leopold II. Maximilian und seiner Gemahlin Gisela Agnes, geb. v. Anhalt - Köthen
1745Eintritt als Kadett in das preußische Regiment Anhalt unter dem Kommando seines Vaters
1751Tod der Eltern; sein Vormund wird der Oheim Fürst Dietrich,
Erziehung durch Lehrer hugenottischer Herkunft, Herrn von Lestocq und Herrn von Guericke, weniger in höfischer als in bürgerlicher Bildung
1756Teilnahme an den Feldzügen in Sachsen und Böhmen unter seinem Oheim Fürst Moritz, wohnt der Belagerung von Prag und Kolin bei, Bekanntschaft mit Freiherrn Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (lebenslange Freundschaft)
1756Bruch mit der militärischen Tradition seiner Familie, Oheim Dietrich erwirkt die „gnädige“ Entlassung für den Siebzehnjährigen, der mit 18 Jahren „majorenn“ erklärt wird
175720. Oktober, Regierungsantritt des Fürsten
Friedrich II. behandelt das Land feindselig, belastet es mit Kriegskontributionen
(1758, 3. Kriegskontribution 180 000 Taler, 1000 Rekruten, 500 Pferde), Leopold III. Friedrich Franz bezahlt diese aus eigenen Mitteln, verkauft das Familiensilber, kürzt Apanagen
1763bis 1764 1. Reise nach den Niederlanden und England
1764Verlobung mit seiner Cousine Luise Henriette Wilhelmine von Brandenburg – Schwedt
1765bis 1767 2. Reise nach Italien, Frankreich, England, Schottland, Irland
176725. Juli, Vermählung, zwei Kinder, Tochter stirbt noch im Geburtsjahr 1768
1769Geburt des Erbprinzen Friedrich (Tod 1814)
17703. Reise in die Schweiz
1771Berufung von Johann Bernhard Basedow nach Dessau
1772Beginn der Medizinalreform
1774Eröffnung des Philanthropinums, 1776 erstes öffentliches Examen, Schließung 1793
17754. Reise, nach England über Paris
1781Gründung der Buchhandlung der Gelehrten
17825. Reise, Schweiz
1784Carl Gottfried Neuendorf wird Direktor sämtlicher Schulen von Anhalt - Dessau, Beginn der Landesschulreform
17856. Reise, vierte Englandreise Heirat des Erbprinzen Friedrich von Anhalt – Dessau und der Prinzessin Christiane Amalie von Hessen-Homburg

Eröffnung der „Hochfürstlichen Hauptschule“
1786Eröffnung der Töchterschule
1794Gründung des Dessauer Theaters
1796Gründung der Chalkographischen Gesellschaft in Dessau, Franz wird Senior des Hauses Anhalt
1797Übernahme der Herrschaft über ein Drittel von Anhalt-Zerbst mit der ehemaligen Hauptstadt Zerbst
1798Umbau des Zerbster Franziskanerklosters zu einer der modernsten Schulen Deutschlands, Bereitstellung von 30 000 Talern aus dem persönlichen Vermögen, Eröffnung 1803
1799Eröffnung der jüdischen Freischule in Dessau (ab 1804 „Franzschule“)
180621. Oktober, Napoleon in Dessau
180713. April, Beitritt zum Rheinbund, Annahme des Herzogtitels
1808Herzog Leopold III. Friedrich Franz bei Napoleon in Paris, Verpflichtungen:
anhaltische Bataillone im Dienst Napoleons, Besetzungen während der Befreiungskriege, 1813 Teilnahme anhaltischer Truppen am Befreiungskrieg gegen Napoleon
1811Tod der Gattin
1814Tod des Erbprinzen
18179. August, Tod des Herzogs, Nachfolger wird sein ältester Enkel Leopold Friedrich

Das Schöne soll „nützlich
und das Nützliche schön“ sein

Leopold III. Friedrich Franz
von Anhalt-Dessau (1740-1817)

Luise Henriette Wilhelmine
von Anhalt-Dessau (1750-1811)

Das Reformwerk des Fürsten

Das Dessau-Wörlitzer Reformwerk beinhaltete in seinem Bemühen, die Aufklärungsidee umfassend durchzusetzen, drei Aspekte:
1. die Verbesserung der Lebensverhältnisse aller Untertanen,
2. die Hebung des Bildungsniveaus durch progressive pädagogische Theorien und Praktiken und
3. die Verschönerung des gesamten Landes und seiner Landschaft. Der Kunst kam dabei eine dienende Rolle zu.

Fürst Franz soll auf dem Sterbelager gesagt haben:“ Man muss für Arbeit sorgen, darauf kommt es an!“ Von 1766-1770 wurde ein Armenhaus für arme und kränkliche Ortsarme gebaut. Beschäftigung fanden vielfach Arbeit bei Dammarbeiten. Das Betteln wurde verboten. Um durchziehende Bettler und einheimische Arme kostenlos medizinisch zu versorgen, wurde ein staatliches Krankenhaus errichtet. Fürstliche Leibärzte übernahmen die Betreuung der Kranken. Leibarzt Kretzmar unterrichtete u.a. am Philanthropinum in Anatomie und Sozialhygiene. Er betreute die Zöglinge ärztlich und impfte sie gegen Pocken. („Vater der deutschen Schulärzte“).
Außerhalb der Stadt wurde ein kommunaler Friedhof mit Leichenhalle angelegt. Den Triumphbogen des Eingangstores errichtete Erdmannsdorff im klassizistischen Stil. Ohne Beachtung der Rangunterschiede wurden die Toten hier begraben. Der Mittelpunkt war für den Fürsten vorgesehen. Da sein Sohn vor ihm starb, fand dieser hier seine letzte Ruhestätte.
Unter Leitung Johann Gottfried Holzhausens, Domäne Gröbzig, und Friedrich Ludwig Georg Raumers, Domäne Wörlitz, entstanden zwei landwirtschaftliche Mustergüter. Holzhausen schaffte Brache und „Hut und Trift“ ab, ersetzte sie durch die Einführung der Stall- und Hordenfütterung und propagiert den Kleeanbau. In Wörlitz wurden daneben noch moderne Ackerbaugeräte und die Seidenraupenzucht vorgeführt. Der Pächter der Pötnitzer Domäne, Christian Gebhard Nordmann, genoss höchstes Ansehen mit seiner Schaf- und Pferdezucht. Widder, Hengste und Bullen der staatlichen Hochzuchten standen allen Bauernwirtschaften zur Verfügung.

Der Aufklärung des Volkes dienten die 1763 erstmalig veröffentlichten Fürstlich Anhalt-Dessauischen Wöchentlichen Öffentlichen Nachrichten.

In der Buchhandlung der Gelehrten wurden progressive Zeitschriften verlegt, z.B. die Kinderzeitung „Lesebuch für die Jugend“.

Das Philanthropinum öffnete unter der Leitung von Johann Bernhard Basedow am 27.12.1773 seine Pforten. Seine Pädagogik orientiert sich an der „natürlichen“ kindgemäßen Erziehung und einem anschaulichen Unterricht, der sinnvolles Lernen ermöglichen sollte. Nützliche Kenntnisse in Naturwissenschaften und modernen Fremdsprachen wurden vermittelt. Enge Kontakte gab es zu Dessauer Handwerkern. Erstmals wurde der Sportunterricht eingeführt. Carl Gottfried Neuendorf führte dann ab 1785 eine Landesschulreform mit allgemeiner Schulpflicht, Schulgelderlass, der Trennung von Kirche und Staat und Lehrerausbildung durch. 1785 entstand die „Hochfürstliche Hauptschule“, die zum Besuch einer Universität befähigte und 1786 die Töchterschule.

Die Chalkographische Gesellschaft trug mit der Reproduktion berühmter Gemälde zur Verbreitung des „guten Geschmacks“ bei.

Tolerant erwies sich der Fürst gegenüber allen im Land vertretenen Konfessionen. Die erste deutschsprachige jüdische Zeitung „Sulamith“ wurde durch David Fränkel verlegt. Eine jüdische Hauptschule wurde gegründet, die seit 1804 den Namen „Franzschule“ trug. In Wörlitz durften Juden Grund und Boden erwerben und Landwirtschaft damit betreiben. In den Wörlitzer Anlagen steht die Synagoge, deren Sichtachse auf die Wörlitzer Kirche zeigt.

Als größter Grundherr seines Landes gestaltete der Fürst das Dessau-Wörlitzer Gartenreich, dabei blieben bestehende Anlagen erhalten, wurden eventuell ergänzt und neue englische Gartenanlagen kamen dazu. Die Gärten waren und sind pädagogische Parks, ein Lehrbuch der Weltkultur bis hin zur Technik. Die Hauptstraßen wurden mit Obstbäumen bepflanzt, die reichlich Ernte gaben. Neue Hölzer werden angepflanzt: die Robinie, die Platane, die Pappel, nordamerikanische Laub- und Nadelgehölze.

Dessau wurde unter Friedrich Wilhelm Rust zu einer Musikstadt.

Verdienste der Fürstin
Wenngleich die Ehe mit Luise Henriette von Brandenburg – Schwedt eine Zwangsehe war, gestiftet durch den preußischen König Friedrich II, fühlte sich Luise doch dem Reformwerk ihres Mannes verbunden. Als 1771 verheerende Überschwemmungen auch die neuen Wörlitzer Anlagen treffen, ließ sie sich von ihrem Vater die noch rückständige Mitgift über 150 000 Rthl. übersenden. Einen weiteren nicht unbeträchtlichen Teil der Mitgift investierte Luise in das Philanthropinum. Ebenso förderte sie das 1779 in Wörlitz gegründete Lehrerseminar. Weiterhin erstand sie verschiedene Kupferstiche für die fürstlichen Sammlungen und pflanzet selbst innerhalb des Gartenreichs Sprösslinge, so z.B. 452 lombardische Pappeln am Berting.
Am 24.September, dem Geburtstag der Fürstin, fand 1776 das 1. Drehbergfest statt. Dieses Fest trug den Namen „Die Lust am Drehberge“ und drückte damit schon seinen humanitären Inhalt als Volksfest aus. Fürstin Luise war die Schirmherrin und oberste Preisrichter. Zeitgenossen feierten diese Spiele als „die wieder aufgelebten Olympischen Spiele“. Beim Pferderennen, dem Rennen der Burschen und dem Rennen der Mädchen in zwei verschiedenen Altersgruppen ermittelte man die Siegerinnen und Sieger, die von der Fürstin prämiert wurden.

Literatur:

Bernhard Heese (Hrsg.): Neue Folge der Dessauer Chronik. Vater Franz. Sein Leben und sein Lebenswerk.1758-1817. Bernhard Heese Selbstverlag, Dessau 1926
Erhard Hirsch: Dessau-Wörlitz, Aufklärung und Frühklassik, Koehler&Amelang, Leipzig 1985
Ders.: Dessaus großer Sohn Leopold Friedrich Franz. Aufklärerfürst und Humanist, philanthropischer Schulreformer und Landschaftsgestalter, Begründer des Klassizismus, der Neugotik und des neuen Gartenstils auf dem Kontinent, undatierter Aufsatz
Ders.: Der Dessauer Philanthropismus. Erziehung im Sinne der Aufklärung. Fürst Franz von Anhalt-Dessau. Fürst der Aufklärung 1740-1817, Museum für Stadtgeschichte Dessau
Erhard Hisch, Thomas Höhle, Jürgen Gebhardt (Hrsg.): Dessau-Wörlitzer Beiträge V (1991). Heft 40. Zwischen Wörlitz und Mosigkau. Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Dessau und Umgebung, Dessau 1994
Hartmut Ross: Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. In: Kaiser König Kardinal. Deutsche Fürsten 1500-1800. Urania-Verlag Leipzig, Jena, Berlin, 1991, S. 372-380.
Die Reisen des Fürsten und seine Kunstsammlungen. Fürst Franz von Anhalt-Dessau. Fürst der Aufklärung 1740-1817. Staatliche Galerie Dessau, Schloss Georgium
https://www.bildung-lsa.de/barrierearm/faecher___lernfelder_/geschichte/ausgewaehlte_materialien___weiterfuehrende_angebote/die_geschichte_sachsen_anhalts_im_zeitstrahl/aufgeklaerter_absolutismus_.html (6.1.2020)